Sehr geehrter Leser!
Diesen Artikel möchte ich mit einer persönlichen Erkenntnis beginnen, nämlich, genau so wie sich die Beurteilung des Hundes, und seine gesellschaftliche Position in unserer Welt verändert hat und sich auch heutzutage verändert, so formiert sich auch mein Verhältnis zu diesen lieben Lebewesen mit der Zeit. Es zeigt sich auch bei den von mir verwendeten Ausbildungsmitteln, und sonstigen Ausrüstungen. Letztes Mal erzählte ich zum Beispiel, dass ich statt Stachelhalsband lieber die Kontaktleine benutze, derer Bezeichnung ausgegangen aus dem Wort „Kontakt“ weitere Erklärung benötigte. Die gewöhnliche Erscheinungsform des „Kontaktes“ zwischen dem Hund und seinem Halter ist das Spiel, das der Grundpfeiler fast aller modern gesinnten Ausbildungstheorien ist. Es ist aber wichtig, dass das Spiel auf der Liebe basierend sein sollte. Genau die Liebe könnte sogar der Schlüssel des Zustandekommens des Spiels sein, da nur ein gedankenloses Spiel mit Hingabe das „Richtige“ sein kann, diese Bezeichnung wäre zumindest unwürdig zu einer lustlosen oder erzwungenen Erscheinungsform von ihm. Eine auf der Liebe basierende Lehrmethode, Ausbildung ist aber mit Lockerheit nicht gleich. Im Gegenteil! Ein sich zu den Aufgaben und den Lehrlingen so verhaltender Lehrer kann auf Dauer bessere Ergebnisse erreichen.
Als ich Leistungssportler war, konnte ich selbst feststellen, dass die Fachtrainer manchmal solche Schranken,Normen bei leistungsorientierten Trainingsübungen oder Ausbildungen überschreiten, durch die die Schüler ihre Motivation oder ihr gesundes Wettbewerbsgeist verlieren könnten. Ich erinnere mich gerne an meine ehemaligen Trainer, die diese Fehler nicht begangen haben.
Lieber Leser, bitte erinnere Dich auch an solche nette Gesichter in deinem Leben, und wirst erkennen, wie lange Zeit ihre Lehre in Dir zu Reifen brauchten. Es kann auch kein Zufall sein, dass die Ereignisse aus den mit unseren Hunden gemeinsam erlebten Momenten, in denen sie uns ihre Anhänglichkeit zeigen, sehr lebendig in uns weiterleben.
Lass uns daraus ausgehen, dass der Hund den Mangel an der Liebe oder derer Dasein spürt, bzw. das zuletzt erwähnte verlangt er und das als Erlebnis nicht mal vergießt. Ja! Wir sollten zu dem Thema passende, große Wörter benutzen. Er vergießt das nie! Dies sollte aber auch zu den für uns unangenehmeren Erfahrungen gelten, was ich versuche, durch die folgende Geschichte darzustellen, die in einer Wiener Hundeschule passiert ist, in der ich zwischen 1996 und 2001 studierte. Meine Aufgabe war in diesem Fall, einem Hund die Suche, Überwachung und Begleitung einer Person beizubringen, unter strenger Aufsicht meines Meistertrainers. Der Hund musste nach der Durchsuche den Prüfungsvorschriften entsprechend aufgestellten Verstecke in meinem Versteck ankommen, und mich bellend „an die Wand drängen“. Er dürfte im Versteck prinzipiell nicht beißen, falls ich ihn nicht provoziere. Da wir während der Übungen mehrmals auch mit dem Willen und Antrieb des Hundes absolut im Gegensatz stehende Ziele verwirklichen müssen, tauchn die Interessenunterschiede zwischen dem Hund und seinem Halter, sowie zwischen dem Hund und mir schnell auf.
Die Durchsuche der Verstecke scheint eine einfache Übung zu sein, mit der Umgehungsmethode ist es aber nervenaufreibend für den Hund und braucht eine maximale Konzentration von dem Hundeleiter. Während dieser Zeit habe ich als sogenannter „Mithelfer“ nichts anderes zu tun, als in Schutzhose im Versteck geduldig zu warten, mit das Beutestück imitierendem Unterzieharm auf dem Arm, den der Hund am Ende der Übung erhalten kann. Für die Art und Weise des Ankommens eines Hundes in meinem Versteck sind zahllose Variationen möglich. Außer „Da bin ich schon! Gib das mal her!” und „Da gucke ich mal vorsichtig ein..“ kam schon alles mögliche auch in meiner eigenen Praxis vor. Der Helfer sollte beim Hund erreichen, dass er vom Tier ohne Angst und Überreaktion bewacht, gebellt wird und das Herrchen vom Hund so erwartet wird.
Was das anbelangt, im Zusammenhang mit dem Hauptdarsteller meiner Geschichte hatte ich andere unerwünschte Probleme. Ein Schäferhund mit bombastischer Vehemenz verbunden mit einem Hundeleiter, der das Tempo und den Habitus nicht aufnehmen und behandeln kann, könnte harter Scherz des Schicksaals sein.
Der Einsatz der Stachelhalsbände mit 10m langen Leine während der Schutzarbeit war damals eine tägliche Übung. Hinterher sehe ich schon ein, dass die Benutzung der Leine und des Halsbandes hätte man sachkundigen Händen vertrauen müssen, weil der Hundeleiter den Hund damals mit seinen unsicheren Korrigierungen ungeheuer aufgehetzt hat. Als Katharsis stürzte der auszubildende Hund mein Versteck unerwartet an. Der die lange Leine festhaltende Hundeleiter versuchte noch ein letztes Mal, den Schwung des Hundes aufzuhalten, wodurch er fast 2 Meter lang auf dem Bauch rutschte. Ich konnte noch hören, als das Stachelhalsband mit einem Klang zersprang. Und der Hund kam weiter! Als er bei mir ankam, hatte ich das Gefühl, dass er bereit ist, all seine während der Ausbildung erlittenen Beschwerden an mir zu rächen und mich aus dem Versteck herauszuholend Exempel zu statuieren. Alles in allem war es ein wunderschönes Tier. Man hätte nur die in ihm versteckten Möglichkeiten und „Urkraft“ anderswie ausnutzen sollen. Nach der Beherrschung der Situation und der nachfolgender, fast von vorne angefangenen Aufbauarbeit konnten wir als Ergebnis keine den Fähigkeiten des Hundes entsprechende Leistung mehr erreichen. Zwischen dem Herrchen und dem Hund entstanden solche Spannungen während der Arbeit, die hätten noch in der Jungenzeit mit Spiel behandelt werden können. In der nächsten Folge möchte ich diesbezüglich eine wunderbare Geschichte erzählen.
Sebő Gyula –K9